Caecilia

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Die heilige Cäcilia, Jungfrau und Märtyrin. Jahr 230

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Festtag

22. November

Leben und Wirken der heiligen Caecilia

Die heilige Cäcilia, deren gefeierter Name schon seit den ersten Zeiten des Christentums im Kanon der heiligen Messe erwähnt wird, war eine Römerin aus edlem Geschlecht. Mit dem Glauben an Jesus, den sie als Kind schon empfangen hatte, verband sie eine solch innige Liebe zu Jesus, dass sie, zur Jungfrau herangewachsen, das Gelübde machte, um Jesu willen sich nie zu verehelichen und stets die jungfräuliche Keuschheit zu bewahren. Deshalb lebte sie denn auch sehr zurückgezogen und betete beständig. Ihre Eltern wussten aber nichts von dem Gelübde ihrer Tochter und verlobten sie einem Jüngling, Valerian mit Namen. Cäcilia erschrak sehr, als sie den Willen ihrer Eltern vernahm und in ihrer Angst wandte sie sich mit inbrünstigem Flehen und strengem Fasten zu ihrem göttlichen Bräutigam um Hilfe und Rettung aus ihrer Bedrängnis. Unterdessen rückte der Hochzeitstag heran. Da saß sie im stillen Kämmerlein, angetan mit dem glänzenden Brautgewand, weil die Eltern es so wollten, um ihren Leib aber einen stechenden Bußgürtel gewunden, und sang zur Orgelbegleitung:

„Herr, o Herr, bewahre mein Herz und meinen Leib, und beschütze sie, damit sie dir unbefleckt und rein erhalten werden.“

Als die Nacht kam und sie sich mit ihrem Gemahl in das Brautgemacht begab, sprach sie zu ihm:

„O süßester und allerliebster Jüngling! Ich habe ein Geheimnis im Herzen, das ich dir offenbaren will, wofern du mir schwörst, es niemandem zu sagen.“

Valerian schwor es. Darauf sprach sie:

„So sollst du wissen, dass ich einen Engel zum Geliebten habe, der meinen Leib mit großem Eifer Tag und Nacht bewacht. Würde er bemerken, dass du mit unlauterer Liebe mich beflecken wolltest, so würde er alsbald sein Schwert gegen dich zücken und deine blühende Jugend verfiele dem Verderben. Wenn er aber sieht, dass deine Liebe zu mir keusch und lauter ist, also, dass du meine Jungfräulichkeit unversehrt lassest, so wird er auch dich lieben und sich dir in seiner Glorie zeigen.“

Valerian erwiderte erschrocken: „Willst du, Geliebteste, dass ich dir glauben soll, so lasse mich diesen Engel sehen und wenn ich erkenne, dass es wahrhaftig ein Engel ist, so will ich tun, wie du verlangst. Hast du aber einen anderen Mann lieb, so töte ich euch beide mit meinem Schwert.“ Cäcilia antwortete: „Wenn du meinem Rat folgst, an den einigen, wahren Gott, der in den Himmeln lebt, glaubst und dich im Bad der Wiedergeburt reinigen lässt, kannst du den Engel sehen.“ Valerian fragte: „Wer ist’s, der mich reinigen kann, dass ich den Engel sehe?“ Cäcilia erwiderte: „Es ist ein Greis an einem Ort, der kann dich reinigen und du wirst dann den Engel sehen!“ Valerian sprach: „Wo soll ich den Greis finden?“ Cäcilia antwortete: „Gehe bis zum dritten Stein der appischen Straße, dort wirst du Arme finden, welche die Vorübergehenden um Almosen ansprechen. Ich habe immer für sie geopfert, sie wissen mein Geheimnis. Wenn du sie getroffen hast, dann sage zu ihnen: ,Cäcilia hat mich zu euch geschickt, dass ihr mir den heiligen Greis Urban zeigt. Sie hat mir ein geheimes Geschäft anvertraut, das ich ihm ausrichten soll.’ Wenn sie dich zu ihm geführt haben, so berichte ihm alle meine Worte. Er wird dich reinigen und mit einem weißen Gewand bekleiden, in welchem du zu mir kommen mögest, den Engel zu sehen, der dein Freund werden, und alles, was du begehrst, dir tun wird.“

Valerian ging hin, fand es so, wie Cäcilia gesagt hatte, und gelangte zum heiligen Papst Urban, der sich wegen der Christenverfolgung damals bei den Gräbern der heiligen Märtyrer, im heutigen Kirchhof „Zum heiligen Kalixt“ verborgen hatte. Nachdem ihm Valerian die Worte der heiligen Cäcilia hinterbracht hatte, fiel er auf die Knie nieder, hob Augen und Hände zum Himmel und rief weinend:

„Herr Jesus Christus, du guter Hirt, Cäcilia, deine Magd, ein Lämmlein, wohlgeübt in vieler Arbeit, ist dir geweiht, und hat jetzt auch ihren Bräutigam, der wie ein Löwe sich bisher nicht hatte zähmen lassen, zu einem sanftmütigen Lämmlein umgewandelt. Denn so er nicht glaubte, wäre er nicht zu uns gekommen. Darum, o Herr, öffne sein Herz deinem Wort, damit er erkenne, dass du sein Schöpfer und Herr bist, und absage dem Teufel und allen seinen Werken.“

Während Urban so betete, sieh, da erscheint ein hoher Greis im weißen Gewand neben ihm, der eine mit goldenen Buchstaben beschriebene Tafel in der Hand trägt. Bei seinem Anblick stürzte Valerian vor Schrecken zu Boden. Der Greis aber richtet ihn auf, zeigte ihm die Tafel und spricht: „Sohn, lies!“ Valerian richtet seine Augen auf die Tafel, und liest:

„Ein Gott, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über alles und in allem. Amen.“

– Als Valerian gelesen hatte, fragte ihn der Greis: „Glaubst du, dass dies wahr sei?“ Valerian aber rief laut:

„Ja, ich glaube es.“

Kaum waren diese Worte aus seinem Mund, so war der Greis verschwunden. Urban, der Papst aber, taufte nun Valerian und zog ihm das weiße Taufkleid an.

Damit eilt er freudig zu Cäcilia zurück. Wie er in die Brautkammer tritt, sieht er die keusche Jungfrau beten und neben ihr einen Engel stehen, der zwei Kränze, aus Rosen und Lilien geflochten, in den Händen hielt. Valerian warf sich neben Cäcilia nieder. Der Engel aber, in unaussprechlichem Glanz zwischen beiden stehend, reichte ihnen die Kränze und sprach:

„Bewahret diese Kränze und mit ihnen Herz und Seele rein und unbefleckt; ich habe sie aus dem Paradies mitgebracht. Sie werden nie verwelken und ihr süßer Duft wird sich nicht verlieren. Niemand aber wird sie sehen, außer die, welche die Keuschheit lieben wie ihr. Du aber, Valerian, da du geglaubt hast, begehre, was du willst, und der Herr wird deine Bitte erhören.“

Valerian erwiderte:

„Ich habe keinen besseren Freund auf Erden denn meinen Bruder; ich begehre, dass auch ihm die Wahrheit kund werde.“

Der Engel sprach darauf freundlich: „Deine Rede gefällt dem Herrn; ihr werdet beide mit einer Marterpalme zu ihm gelangen.“ Der Engel verschwand, und Cäcilia redete nun voll heiliger Freude mit Valerian von Gott, von seiner Güte und Liebe. Währenddessen trat Tiburtius, der Bruder des Valerian, in das Gemach und da er darin den Duft von Rosen und Lilien bemerkte, sprach er: „Woher kommt denn dieser Duft von Rosen und Lilien in dieser Jahreszeit? Wenn ich einen Strauß von Rosen und Lilien in Händen hielte, könnte ich keine wohlriechendere Luft einatmen. Dieser Duft scheint mir das Blut zu durchdringen, es zu erfrischen und zu beleben!“ Valerian entgegnete: „Unsere Stirnen sind mit Blumenkränzen umwunden, welche der himmlische Frühling hervorgebracht hat. Wie ihr Duft bei deinem Eintritt dir entgegenströmte, so wirst du sie, wenn du glaubst, auch sehen können.“ Tiburtius sagte zu ihm: „Sprichst du im Traum, Bruder, oder ist es Wahrheit, was du sagst?“ Valerian erwiderte: „Ja, mein lieber Bruder, bisher lag ich im Schlafe, aber nun bin ich in Wahrheit erwacht. Die Götter, welche wir bisher verehrt haben, sind böse Geister!“ Tiburtius fragte: „Woher weißt du das?“ Valerian antwortete: „Des Herrn Engel hat es mich gelehrt, den auch du sehen wirst, wenn du den Götzen entsagst und dich taufen lässt!“ „Kann ich“, sprach Tiburtius, „den Engel wirklich sehen, was hindert mich, die Taufe zu empfangen?“ Valerian antwortete: „Nichts, als dass du den Götzen entsagst und an den Einen Gott, der im Himmel ist, glaubst!“ Tiburtius entgegnete: „Ich verstehe nicht, was du sagst!“

Nun erhob Cäcilia ihre Stimme und sprach: „Du weißt, dass die Götzen von Holz oder Erz, von Lehm und allerhand Metall sind. Wie kannst du die Götter nennen, an denen die Spinnen ihre Netze weben und auf welche die Vögel ihren Unrat werfen? Zwischen ihnen und Toten ist kein Unterschied; denn wie tote Leiber Glieder haben, aber keine Seele, noch Sprache, noch Empfindung, so sind auch die unnützen Götzenbilder. Sie haben den Namen Götter, sind aber nur von Erde; haben Glieder, können sie aber nicht brauchen, haben Gestalt, aber kein Leben.“ Da sprach Tiburtius: „Wer dies nicht glaubt, ist ein Tor. – Darum bekenne ich in Wahrheit, dass kein anderer Gott ist als der Christen Gott, den ich von nun an verehren und anbeten will.“ Voll Freude über diese Worte entblößt Cäcilia seine Brust, küsst sie und ruft aus: „Jetzt erkenne ich dich als meinen Bruder. Denn wie Gottes Liebe deinen Bruder mir zum Bräutigam gegeben, also hat dein Glaube an den wahren Gott dich zu meinem Bruder gemacht. Gehe mit Valerian und lass dich taufen, damit auch du gewürdigt werdest, den Engel zu schauen.“

Da sprach Tiburtius zu Valerian: „Wohin willst du mich führen?“ Valerian entgegete: „Zu einem vollkommenen Mann, einem ehrwürdigen, verständigen Greis, Urban mit Namen!“ Tiburtius sprach: „Zu Urban, den die Christen Papst nennen? Von dem habe ich gehört, dass er schon zweimal gefangen saß und doch noch immer seine Religion heimlich lehre. Wenn man ihn wieder findet, wird er ohne Zweifel des Feuertodes sterben müssen und dann werden auch wir mit ihm den Flammen übergeben werden.“ Cäcilia nahm nun das Wort und sprach: „Wenn es nur dies irdische Leben gäbe und kein anderes, so möchten wir uns zu Recht fürchten, es zu verlieren, allein es gibt noch ein anderes, besseres und ewiges, das uns Christus versprochen hat.“ Darauf antwortete Tiburtius: „Wer ist denn in dem ewigen Leben gewesen und hat uns von daher Kunde gebracht?“ Darauf schilderte ihm Cäcilia mit himmlischer Begeisterung und mit herzdurchdringenden Worten das Geheimnis der heiligsten Dreifaltigkeit und die Menschwerdung Christi; sie erzählte ihm die ganze Leidensgeschichte desselben, seine Dornenkrönung, seinen Durst am Kreuz, seine Entblößung, womit er unsere Blöße bedeckt hat und seine Erhöhung am Kreuz, welche die Sünde am Baum der Erkenntnis im Paradies getilgt und gesühnt hat.

Dieser Jesus, der Sohn Gottes, der vom Himmel herabstieg, um für uns zu sterben, hat uns das ewige Leben kennen gelehrt“,

fuhr Cäcilia fort,

„und die Wahrheit seiner Worte bezeugt durch seine Auferstehung und durch große Wunderwerke. Und was er gelehrt und bezeugt, das haben auch seine Apostel überall gepredigt, und ebenfalls durch Wunderwerke bestätigt. Willst du aber, lieber Bruder Tiburtius, noch mehr wissen, dann frage nur weiter.“

Da fiel Tiburtius, tief ergriffen von diesen Worten, der Heiligen zu Füßen und sprach: „Nimmermehr will ich an dieses irdische Leben denken, nach dem ewigen gehe fortan mein Streben.“ – Hierauf wandte er sich zu Valerian und sagte: „Bruder, zögere nicht länger, erbarme dich meiner und führe mich zum Papst Urban, damit er mich taufe. Er wurde hingeführt, getauft und sah von dieser Stunde an oft die Engel Gottes, unterhielt sich mit ihnen und erhielt jede Gnade, die er begehrte. Um diese Zeit wütete die fünfte Verfolgung gegen die Christen unter Kaiser Severus. Zu Rom ließ der Statthalter Almachius im Namen des Kaisers die Christen vor seinen Richterstuhl schleppen, martern und töten. Valerian und Tiburtius nahmen sich der armen Christen an. Sie unterstützten die Witwen und Waisen mit reichlichem Almosen und verschafften den Leibern der heiligen Martyrer ein ehrliches Begräbnis in den unterirdischen Kirchhöfen. Bei diesem gottseligen Liebeswerk wurden sie eines Tages erkannt, ergriffen und vor den Richterstuhl des Statthalters Almachius geschleppt, der sie also anredete: „Ihr seid edle Männer, warum aber macht ihr euch so verächtlich, hängt einer so erbärmlichen Religion an und verschwendet euer Hab und Gut an verächtliche Personen, die des Todes schuldig sind?“ Da antwortete Tiburtius: „Wollte Gott, wir wären Knechte derjenigen, welche du des Todes schuldig hältst und hinrichtest, die das Vergängliche verachten und das Unvergängliche gefunden haben!“ Almachius entgegnet: „Was verstehst du unter dem Vergänglichen?“ Tiburtius: „Alles, was in der Welt ist und die Seele nach einer kurzen Freude in den ewigen Tod stürzt.“ Almachius: „Und was ist das Ewige?“ Tiburtius: „Das Leben, welches den Frommen zuteil wird und die Strafe, welche den Ungerechten gebührt.“ Almachius: „Ich glaube nicht, dass du das von dir selbst redest.“ Tiburtius: „Du hast recht; ich rede das, was ich innerlich empfangen habe.“ Almachius: „Weißt du dennoch, was du redest?“ Tiburtius: „Ich weiß es, denn ich habe es gelernt und glaube auch, dass alles bleibt, was ich rede.“ Almachius: „Warum verstehe ich aber nicht, was du redest?“ Tiburtius: „Weil ein tierischer Mensch nicht verstehen kann, was des Geistes ist.“ Almachius lacht über diese Worte, lässt den Tiburtius auf die Seite treten und seinen Bruder Valerian vorrufen. Zu diesem sprach er: „Dein Bruder ist von Sinnen; rede also du und gib Antwort.“ Valerian: „Deine Ohren verführen dich, du kannst unsre Worte nicht verstehen, noch begreifen.“ Almachius: „Ihr seid im Irrtum, eure Antworten beweisen dies. Oder ist es nicht einfältig, dass ihr Lust und Freude und die Güter der Welt verachtet und das Gegenteil liebt?“ Valerian: „Ich sah Leute, die ihr Reden in Wollust und Eitelkeit zubrachten, im Spätherbst auf den Feldern spazieren gehen, während andere fleißig arbeiteten, den Boden pflügten, säten, pflanzten und die Felder mit Bäumen umgaben. Die Wollüstlinge spotteten der Arbeiter und sprachen: „Ihr seid wahrhaftig einfältige Leute, dass ihr euch so plagt: Kommt mir uns und freut euch des Lebens. Doch diese ließen sich nicht irre machen. Mittlerweile gehen Herbst und Winter vorüber, der Frühling naht, alles sprosst und grünt, die Blumen blühen, die Saaten reifen, die Bäume beginnen Früchte zu tragen und die Arbeiter freuen sich jetzt über den schönen Lohn ihrer Arbeit und Mühe. Die müßig gehenden Wollüstlinge aber litten bittere Not, trauerten und beklagten ihre Torheit und sprachen: „Diese Leute haben wir für Unsinnige gehalten, ihr Leben für Elend und ihre Arbeit für Schande; aber siehe, der Verstand war bei ihnen, wir aber sind Toren gewesen; o, dass auch wir mit ihnen gearbeitet hätten, so dürften wir auch jetzt mit ihnen genießen!“ Darauf sprach Almachius: „Deine Worte passen nicht auf die meinen.“ Valerian: „O gar wohl! Du hast gesagt, dass wir im Irrtum seien, indem wir die Freuden und Güter der Welt verachten und das Gegenteil lieben; unser Gut den Armen geben, Fremde beherbergen, Witwen und Waisen unterstützen, die Toten begraben, die Begräbnisse der Martyrer ehren, dagegen Wollust und Unzucht fliehen. Es wird aber eine Zeit kommen, wo wir für unser Wirken tausendfältige Frucht empfangen und während wir frohlocken, andere, die jetzt in Freuden leben, weinen werden; denn jetzt ist die Zeit zum Säen; und die jetzt mit Tränen säen, werden einst in Freuden ernten.“ Almachius: „Also werden wir mit dem Kaiser ewig trauern, ihr aber euch ewig freuen?“ Valerian: „Was seid denn ihr und eure Kaiser? Sie und ihr werdet sterben, wie andere Menschen; aber je größer eure Gewalt gewesen, desto größer wird eure Verantwortung vor dem ewigen Richter sein.“ Almachius, erzürnt hierüber, sprach: „Was machen wir viele Worte; entweder ihr opfert und lebt oder ihr sterbt!“ Da riefen beide Brüder einmütig: „Wir opfern täglich, aber nicht den Götzen, sondern dem einigen Gott.“ Almachius: „Wer ist denn dieser Gott, dem ihr opfert?“ Die Brüder: „Seinen Namen würdest du nicht finden, wenn du ihn auch auf den Schwingen eines Vogels suchen würdest!“ Almachius: „Also ist Jupiter nicht der Name Gottes?“ Valerian: „Das ist der Name eines Mörders und Ehebrechers.“ Auf diese Worte lässt der Statthalter die beiden Brüder mit Ruten schlagen und dann dem Kämmerling Maximus übergeben, damit er sie dem Jupiter vorführe, und wofern sie nicht opferten, enthaupten lasse. Maximus hatte Mitleid mit den beiden Brüdern und sprach zu ihnen: „O ihr Blumen, blühend wie Purpur, welch schönes Band brüderlicher Liebe umschingt euch! Warum wollt ihr denn sterben, warum eilt ihr zum Tod wie zu einem Gastmahl?“ Ihm antwortete Valerian: „Weil wir versichert sind, dass auf dieses Leben ein anderes, ewiges, glückseliges Leben folgt.“ Darauf Maximus: „Wie kann dies sein?“ Ihm entgegnete Tiburtius: „Wie die Kleider den Leib umgeben, so umkleidet der Leib die Seele. Der Leib stirbt und wird zu Staub; die Seele aber, wofern sie heilig ist, wird in das Paradies geführt, wo sie des Leibes Auferstehung erwartet, der am bestimmten Tag wieder lebendig wird, wie der Vogel Phönix.“ Maximus sprach: „Ich will dies Leben gern verachten, wenn ich dessen versichert wäre, was du sagst.“ Valerian antwortete: „Willst du dessen versichert sein, so vernimm: Der Herr wird dir zur Stunde, wo wir das Kleid unsrer Seele, diesen Leib ablegen werden, deine Augen öffnen und die Glorie unserer Seelen sehen lassen, wofern du versprichst, dem Götzentum abzusagen.“ Maximus rief aus: „Mich soll der Blitz erschlagen, wenn ich euren Gott nicht bekennen, sobald ich gesehen habe, was ihr mir verkündet.“ Da sprachen die Brüder zu ihm: „Befiel den Gerichtsdienern, dass sie uns in dein Haus führen, und dann wollen wir den dahin kommen lassen, der dich tauft, und du wirst dann sehen, was wir dir versprochen haben.“ Maximus tut ihren Willen. Im Haus angekommen, setzen sie ihre Belehrungen fort und Maximus sammt seiner Familie, sowie die Gerichtsdiener glauben an Jesum Christum. In der Nacht kommt Cäcilia mit einem Priester, der sie alle tauft. Als der Tag angebrochen war, rief Cäcilia den beiden Brüdern zu:

„Auf, Kämpfer Christi, werft von euch die Werke der Finsternis und bedeckt euch mit den Waffen des Lichts. Ihr habt einen redlichen Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Euer wartet die Krone der Gerechtigkeit, welche euch der gerechte Richter geben wird und nicht euch allein, sondern allen, die seine Zukunft lieben.“

Nun wurden Tiburtius und Valerian vier Meilen von der Stadt zum Bild des Jupiter geführt und da sie sich standhaft weigerten zu opfern, wurden sie enthauptet. Maximus aber beteuerte mit einem Eide, dass er in der Stunde des Todes eine glänzende Schar von Engeln und die Seelen der beiden Martyrer, Neuvermählten ähnlich, welche das Brautbett verlassen, in der Mitte der Engel zum Himmel tragen gesehen habe.

Wie nun der Statthalter Almachius erfährt, dass auch Maximus den Herrn Jesus Christus bekenne, lässt er ihn sogleich ergreifen und mit eisernen Ruten zu Tode geißeln. Cäcilia hatte unterdessen ihren Gemahl Valerian und seine Bruder Tiburtius in der unterirdischen Gruft beisetzen lassen; neben ihre Grabstätte ließ sie nun auch den Leib des Maximus beerdigen. Da sie die Nähe ihres Todes ahnte, verteilte sie alles den Armen, damit der habgierige Statthalter, der nach ihren Gütern lüstern war, nichts bei ihr finden möge. Bald wurde sie vor seinen Richterstuhl gerufen und ihr befohlen, den Göttern zu opfern. Die Gerichtsdiener führten sie vor das Götzenbild und wollten sie zwingen, Weihrauch zu streuen. Sie aber sprach zu ihnen: „Ihr seid des Statthalters Diener, aber ich sehe es euch an, dass ihr mit der Gottlosen Tun nicht einverstanden seid. Doch ich gestehe euch, dass es mir erwünscht ist, für den Glauben an Jesus zu leiden. Schont nicht meiner Jugend und tut, wie euch befohlen.“ Die Umstehenden brachen in Tränen aus und wehklagten, dass ein so schönes, junges Mädchen sterben wolle, und versuchten, es von seinem Vorhaben abwendig zu machen. Cäcilia aber sprach zu ihnen: „O liebe Leute, weint daher weder über meine Jugend noch über meine Schönheit, denn ich tausche sie nur aus gegen eine bessere Schönheit und eine Jugend, die ewig dauert. Das heißt Kot hingeben und Gold dagegen empfangen, eine kleine Hütte verlassen und einen herrlichen Palast gewinnen, einen Ziegel wegwerfen und einen Edelstein erhalten. Wenn euch einer für eine wegwerfliche Sache einen Haufen Gold anbieten würde, würdet ihr wohl den Handel nicht eingehen? Und wenn euch jemand abhalten wollte, das Gold für diese nichtswerte Sache anzunehmen, würdet ihr ihn nicht für töricht halten? Gewöhnlich vertauscht man Gleiches mit Gleichem, aber mein Gott gibt mir hundertfach zurück, was ich ihm gebe und noch dazu das ewige Leben.“ Als sie dies gesagt hatte, stieg sie auf einen Stein, der zu ihren Füßen lag, und rief den Umstehenden zu:

„Glaubt ihr das, was ich euch gesagt habe?

Wie mit einem Mund riefen plötzlich alle:

„Wir glauben, dass dein Christus der wahre Gott ist.“

Wie Cäcilia dies hörte, jauchzte ihr Herz vor Freuden und sie sprach: „Geht zu dem Statthalter und sagt ihm, dass ich ihn bitten lasse, mir noch einen kleinen Aufschub meines Urteils zu gewähren; unterdessen will ich den Bischof Urban in mein Haus kommen lassen, damit er euch taufe. Danach will ich gerne vollenden.“ Cäcilia erhielt den gewünschten Aufschub und Papst Urban kam und taufte beinah 400 Heiden beiderlei Geschlechtes. Nun ließ der Statthalter Almachius Cäcilia vor seinen Richterstuhl rufen und sprach: „Wessen Standes bist du?“ Cäcilia antworte: „Eine Freie aus edlem Geschlecht.“ Statthalter: „Um deine Religion frage ich Dich!“ Cäcilia: „Das ist ein tolles Verhör, welches zwei Antworten auf eine Frage verlangt.“ Statthalter: „Was macht dich so kühn?“ Cäcilia: „Das gute Gewissen und der unverfälschte Glaube.“ Statthalter: „Unglücklich, du weißt nicht, dass ich Gewalt habe über Leben und Tod!“ Cäcilia: „Du weißt selber nicht, welches deine Gewalt ist.“ Statthalter: Nun, so sage mir’s, wenn du es weißt.“ Cäcilia: „Aller Menschen Gewalt ist gleich einem Schlauch voll Wind, sticht man mit einer Nadel darein, so fällt sie zusammen.“ Statthalter: „Wie kannst du solche Schmähworte führen?“ Cäcilia: „Ich schmähe nicht. Habe ich unrecht geredet, so überweise mich.“ Der Statthalter: „Du scheinst nicht zu wissen, dass die unüberwindlichen Kaiser jene strafen, welche Christum nicht verleugnen, jene aber frei lassen, die es tun.“ Cäcilia: „Das beweist, dass eure Kaiser irren; denn der Christenname ist nicht böse; wäre er dies, so würden wir ihn verleugnen und ihr müsstet uns zwingen, ihn zu bekennen.“ Statthalter: „Die Kaiser haben aus Güte den Befehl gegeben, die Christen zum Abfall zu bringen, um ihnen das Leben zu schenken.“ Cäcilia: „Ihr seid von unserer Unschuld überzeugt, nur des Christennamens wegen klagt ihr uns an und verurteilt uns. Aber wer diesen Namen einmal erkannt hat, der kann ihn nicht verleugnen. Es ist besser selig sterben als ohne Seligkeit leben.“ Statthalter: „Wähle, sag ab dem Namen eines Christen oder stirb.“ Cäcilia lächelnd: „Wie klug bist du! Du willst, dass ich verleugne und ohne Schuld sei, machst mich aber dadurch der Strafe würdig.“ Der Statthalter: „Du bist eine Christin; verleugne oder die Strafe ist dir gewiss.“ Cäcilia: „Deine Strafe ist mein Sieg.“ Der Statthalter: „Unsinnige, weißt Du, dass mir die Kaiser Gewalt über Leben und Tod gegeben haben?“ Cäcilia: „Du lügst! Du kannst Lebende töten, aber Tote nicht erwecken; demnach bist du nur ein Diener des Todes, nicht aber des Lebens.“ Da ergrimmt der Statthalter und befielt, die mutige Bekennerin in ihr Haus zu führen und im Badezimmer zu ersticken. – Das Bad wird geheizt, das Wasser kocht und siedet drei Tage. Allein Cäcilia geht darin umher wie im kühlen Wasser, von der lieblichen Frische wundersam erquickt. Wie dies der Statthalter vernimmt, befiehlt er dem Scharfrichter, ihr das Haupt im Bad abzuschlagen. Dieser versetzte ihr drei Streiche mit dem Schwert, vermag aber nicht das Haupt vom Rumpf zu trennen. Er lässt sie vor Schrecken halbgeköpft und beinahe tot liegen und entflieht. So finden sie die Gläubigen, die ihre Tücher in ihr Blut tauchen und wundersam von den Worten getröstet werden, die drei Tage hindurch ihrem Mund entströmen. Sie befiehlt alles, was sie noch besitzt, den Armen zu geben und verscheidet endlich sanft im Herrn. Der heilige Papst Urban bestattete sie und weihte ihr Haus zu einer Kirche ein.

„Ist jemand unter euch traurig, so bete er; ist jemand guten Mutes, so singe er.“ (Jak 5,11)

Diese Worte des heiligen Apostels hat die heilige Cäcilia getreulich erfüllt. Sie hat viel gebetet; das heilige Evangelium war ein Gegenstand ihrer beständigen Betrachtung und darin fand ihr Glaube so viel Nahrung und Stärke, dass sie die Unwissenden lehren, dem heidnischen Richter widerstehen und zuletzt ihr Leben für den heiligen Glauben hingeben konnte. Mit dem Gebet und der Betrachtung verband sie auch heilige Gesänge, die sie zum Spiel auf einem musikalischen Instrument zum Lob Gottes anstimmte, daher sie auch von den Musikern als ihre Patronin verehrt wird. Die ersten Christen sangen recht gern. Ihre Lehrer munterten sie hierzu auf und hielten sie dazu an. Sie sangen bei ihren Arbeiten, in den Kirchen und selbst im Gefängnis und auf dem Weg zur Richtstätte.

Ihre Lieder waren lauter reine und heilige Leider. Es waren Lob-, Preis- und Dankgesänge, Gott dem Allerhöchsten zu Ehren. Nie kam über ihre Lippen ein unreines, garstiges, gottloses Lied. Da in ihren Herzen die Liebe Gottes brannte und die Keuschheit wohnte, so hatten sie auch den größten Abscheu vor unsauberen Liedern, wie sie die Heiden sangen. – Doch ach, wie weit entfernt von der Gesinnung der ersten Christen sind heutzutage die Gläubigen! Von vielen hört man nur Lieder, bei deren Anhörung man erröten muss; über die sich nicht die Engel freuen, sondern die bösen Geister, und in die nicht einstimmen die Chöre der Seligen, sondern die Hölle!

– „Wovon das Herz voll ist, von dem geht der Mund über“,

sagt das Sprichwort. Ihr Herz ist voll Unflat, darum singt ihr Mund nur unflätige Lieder! Ihr Herz kennt nicht die himmlische Liebe, sondern nur die irdische, unreine, daher auch ihr Gesang kein himmlischer zum Preis des Allerhöchsten! – Alle Menschen singen gerne, der Gesang ist etwas Tröstliches für das Menschenherz. Von jeher haben die Menschen gesungen; die heiligen Bücher des Alten Testaments enthalten die schönsten Lieder zu Gottes Lob und Preis. Des heiligen Königs David Psalmen ertönen noch immer täglich in der katholischen Kirche. Auch der göttliche Heiland hat Dankeslieder gesungen. Von den Apostelzeiten an hat die katholische Kirche den Gesang gepflegt, aber sie wollte und will noch immer, dass der Gesang nur zu Gottes Verherrlichung erschalle. Sie weiß, dass der Mensch gerne singt, aber sie will die Gabe des Gesanges, die Gott dem Menschen zum Trost verliehen, nicht zur Sünde missbrauchen lassen.

Willst du nun, lieber Leser, ein Kind der katholischen Kirche sein, so singe, singe in Freud und Leid, aber singe niemals Lieder, die dem lieben Gott missfallen müssen. Es erhebt das Gemüt und stimmt das Herz zur Freude, wenn auf Feld und Flur frohe Lieder erschallen; aber ein frommes Gemüt, ein gottliebendes Herz muss mit Wehmut, ja mit Abscheu erfüllt werden, wenn diese Lieder nur Unflat atmen, und statt die höchste Schönheit, die reinste Liebe, die unendliche Macht, Weisheit und Güte Gottes zu preisen, der Unreinigkeit und anderen Lastern dienen. Die Vöglein singen mit der Morgenröte schon das Lob des Herrn, und der Christ gebraucht seine Stimme zur Beleidigung desselben, ist das nicht tief zu beklagen? Singe also, christliche Seele, singe aber nach der Mahnung des heiligen Franz von Sales nur geistliche Lieder, singe immer so, dass dein Singen auch ein Beten ist. Würdest du wohl das neue Lied vor Gottes Thron einst mitsingen dürfen, wenn du deine Zunge hier auf Erden zu garstigen Liedern missbrauchst? – Die heilige Cäcilia hat mit reinem Herzen und reinem Mund Gottes Lob gesungen, nun singt sie mit den Scharen der Engel und Heiligen den ewigen Preisgesang des Herrn. Willst du nicht auch einst miteinstimmen in diesen wonnevollen Gesang?

Gebet

O mein Gott, hilf mir, dass ich niemals meine Zunge und Stimme zu unsauberen Liedern gebrauche, die Dir missfallen, und verleihe mir die Gnade, dass ich, wie Deine heilige Dienerin Cäcilia, Dich vom Herzen liebe, Deinen heiligen Willen immer erfülle und einst würdig werde, Dich mit ihr und allen Heiligen zu preisen ewiglich. Amen.

(Quelle: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes. Regensburg 1884)