Godehard
Fest
Lebensbeschreibung
Godehard,vom Altd. god = Gott, gut etc., und hard (karteros) = stark; Kraft (kratos,kartos) kräftig etc.; also: in Gott (im Guten) stark; Gottes-Kraft; von Gott gekräftigt, gestärkt etc.
Dieser berühmte hl. Bischof Godehard (Gotthart, Gothard) von Hildesheim (Hildesia) war ein geborner Bayer, wenn auch nicht, wie Einige annehmen wollten, aus dem Geschlechte der Grafen von Scheyern. Sein Geburtsort ist das kleine, zur Pfarrei Schwanenkirchen in der Diözese Passau gehörige Dörfchen Reichersdorf, 1 Stunde südöstlich von der ehemaligen Benediktiner-Abtei Niederaltaich (Altacha inferior) an der Donau in Niederbayern, wo er im J. 965 (nach Andern im J. 960) das Licht der Welt erblickte. Sein Vater hatte nach einem in den Monumentis Boicis (XI. 24) enthaltenen Codex des Abtes Hermann den Namen Ratmund und war ein Dienstmann des Klosters; der Name seiner Mutter ist unbekannt.
Seine Geburt fiel in jene Zeit, wo das von den Hunnen (Ungarn) um das J. 890 verwüstete Kloster um das J. 930 wieder hergestellt und von Kanonikern bewohnt wurde, d. h. von Klerikern, welche nach den Regeln der Aachener Synode vem J. 817 in Gemeinschaft lebten. Von diesen erhielt denn der hl. Godehard den ersten Unterricht, und als sein Lehrer wird in dem oben bezeichneten Coder der Priester Odalgisus genannt. Schon in seiner frühesten Jugend zeigte er fast männlichen Ernst, der, ohne der Kindlichkeit und Aufrichtigkeit seines Herzens etwas zu benehmen, ihn von allen leeren Vergnügungen fern hielt. Wie sehr Gott mit ihm war, zeigte sich schon damals, indem er, wie sein Zeitgenosse Wolfher bei den Bollandisten (I. 502) erzählt, beim Gottesdienste einmal glühende Kohlen mit der Hand faßte und im unverletzten Chorhemde herbeitrug, sowie auch öfter trockenen Fußes über die ziemlich breite Donau zur Schule ging, wenn man ihn wegen seiner Armut nicht überführen wollte etc. Dabei machte er in der Wissenschaft wie in der Frömmigkeit solche Fortschritte, daß der Erzbischof Friedrich, welcher die Kirche von Salzburg vom J. 956-990 regierte und den jungen Godehard bei einem Besuche in Niederaltaich kennen lernte, ihn zu sich nahm und drei Jahre lang noch weiter unterrichtete.
Auch der hochberühmte Bischof Piligrin (Peregrin) von Passau lernte ihn schätzen, und beide Kirchenfürsten ließen ihm dann in Passau durch den gelehrten Luitfrid eine noch höhere Ausbildung geben und zwar mit solchem Erfolge, daß Erzbischof Friedrich ihn in seinem 19. Lebensjahre zum Propst der Kanoniker in Niederaltaich bestellte und bald hernach zum Subdiakon weihte. Das Diakonat erhielt er sofort vom Bischof Piligrin von Passau und zum Priester wurde er vom hl. Bischof Wolfgang von Regensburg geweiht. Nachdem durch die Bemühungen dieser drei Kirchenfürsten im J. 990 der Benediktiner-Orden nach einer Unterbrechung von ungefähr 100 Jahren in Niederaltaich wieder eingeführt worden war, trat auf den Rat des (wahrscheinlich wieder aus Reichenau herbeigerufenen) Abtes Erchambert auch der hl. Godehard mit mehreren seiner Kanoniker demselben bei, legte am 21. Dez. 991 die Profeß ab und wurde nun ein so eifriger Ordensmann, daß er, als Abt Erchambert wegen hohen Alters und Kränklichkeit sein Amt niederlegte, an seine Stelle gesetzt, dann am 27. Dez. 997 vom Bischofe Christian von Passau in Gegenwart des hl. Kaisers Heinrich, welcher damals noch Herzog von Bayern war, sowie mehrerer Bischöfe und anderer angesehener Männer als Abt benediziert wurde und nun als liebevoller und wachsamer Hirt dem Kloster Niederaltaich vorstand, das ihn als seinen 16. Abt und als seinen eigentlichen Restaurator stets hoch verehrte.
Sein edles Wirken fand allseitige Anerkennung; namentlich besaß er das Vertrauen des hl. Kaisers Heinrich in so hohem Grade, daß er ihn in mehrere, durch die Zeitverhältnisse in Unordnung gebrachte Klöster schickte, und Zucht und Ordnung in denselben wieder einzuführen. So sendete er im J. 1001 noch als Herzog von Bayern ihn nach dem Kloster Tegernsee in der Diözese Freising, und später als Kaiser im J. 1005 nach Hersfeld an der Fulda in Thüringen (Kurhessen), wo er bis zum Jahr 1012 verblieb und unter Anderem einen verirrten hochadeligen Jüngling, Namens Günther, zu Gott zurückführte.
Inzwischen hatte er auch vom J. 1007 bis 1012 das damals in der Diözese Passau gelegene Kloster Kremsmünster zu leiten, während er doch auch immer noch Abt von Niederaltaich blieb, wo er übrigens einen seiner Untergebenen, Namens Arnold, als seinen Stellvertreter aufgestellt hatte. Nachdem er auf diese Weise fast 25 Jahre lang seinem Kloster Niederaltaich vorgestanden und neun Äbte für verschiedene Klöster herangebildet hatte, kam endlich im J. 1022 noch ein höherer Ruf an ihn, auf welchen er durch ein Traum von einem alten Ölbaum, der anderswohin verpflanzt ward, und dessen zurückgebliebene Wurzeln neue Schößlinge hervordrachten, vorbereitet wurde. Im November dieses Jahres war nämlich der hl. Bischof Bernward (Wernard) von Hildesheim in Sachsen (jetzt Hannover) gestorben, und die Kunde von diesem Tode gelangte an den kaiserlichen Hof, als Kaiser Heinrich II. eben auf seinem Schloss Grona sich aufhielt, und auch der hl. Godehard bei ihm sich befand. Sogleich fiel für Besetzung dieses erledigten Stuhles die Wahl des Kaisers auf unsern hl. Godehard, und obwohl dieser gegen eine so späte Versetzung in ein fremdes Land und einen so neuen Wirkungskreis aus allen Kräften sich sträubte, so ließ er sich doch endlich durch die Bitten des Kaisers und durch die Vorstellungen der anwesenden Bischöfe bewegen, die kaiserl. Präsentation und die unmittelbar darauf erfolgte Wahl durch den Hildesheimischen Klerus, die er wohl auch nach seiner Vision als göttliche Vorherbestimmung zu betrachten anfing, in demutsvoller Ergebung anzunehmen.
Seine Ernennung zum Bischofe geschah im J. 1022 am Feste des hl. Andreas, welches auf einen Freitag fiel, und am nächstfolgenden Sonntag als dem ersten des Advents (am 2. Dez. 1022) wurde er von dem Erzbischof Aribo von Mainz konsekriert. Er reiste auch sogleich nach Hildesheim, wo er am 5. Dez. von der Geistlichkeit und dem Volke mit allgemeinem Jubel aufgenommen wurde. Als Bischof entwickelte er nun, obwohl schon fast 60 Jahre alt, die größte Tätigkeit in Bewahrung kirchlicher Zucht und in Erbauung von Kirchen und Klöstern, sowie er selbst ohne Unterlaß dem Gebete und strengem Fasten oblag. Alle seine Untergebenen gewann er durch Liebe und Aufopferung.
Eine besondere Sorgfalt wendete er der Domschule zu. Auch der Armen gedachte sein frommer Eifer; er stiftete ihnen zu Hildesheim ein Spital, dessen Oratorium er dem hl. Bartholomäus weihte. Nicht so sehr begünstigte er die umherschweifenden Bettler, die er im Scherze »Peripatetiker« nannte. und welche nach zwei- oder dreitägigem Aufenthalte wieder fort mußten, während wirkliche Arme eine beständige Zufluchtsstätte erhielten. Unter ihm lebte nach Lechner zu Hildesheim im St. Michaelskloster der hl. Benno, welcher im J. 1035 von ihm das Diakonat empfing. Auf einer Synode zu Mainz im J. 1023 heilte er einen Besessenen, auf welches Wunder noch mehrere folgten. Auch die Zeit seines Todes sagte er voraus. Er starb am 4. Mai 1038 und wurde in der Domkirche zu Hildesheim beigesetzt, wo der Herr die Heiligkeit seines Dieners durch zahlreiche Wunder bestätigte.
Seine Heiligsprechung erfolgte zu Rheims am 31. Okt. 1131 durch Papst Innozenz II. Eine alte sächsische Chronik, die bis zum J. 1179 reicht, nennt ihn bereits »heiligen Andenkens«. Am 5. Mai wird seine Beisetzung begangen. Im Mart. Rom. steht er am 4. Mai; nach dem Proprium von Passau wird sein Fest am 5. Mai sub ritu semid. gefeiert; in Regensburg wird er kommemoriert mit einer 9. Lection. Nach W. W. (K.-L. IV. 567) schlang er durch seine gesegnete Wirksamkeit und sein leuchtendes Vorbild ein Band der Liebe um zwei deutsche Bruderstämme, die Sachsen und die Bayern, die ihn Beide als den Ihrigen verehren, und sein Name ist weit hinaus über die Grenzen dieser beiden Länder gefeiert. Auf der Höhe des St. Gotthardspasses, der von ihm den Namen trägt, betete vor Zeiten der deutsche Kaufmann und Pilger an der ihm von bayerischen Herzogen geweihten Kapelle; in der Kathedrale zu Mailand hörte er dann an Godehards Namensfeste in einer eigenen Präfation dessen Tugenden und Taten preisen, und fand im Dome zu Genua eine Kapelle und eine Bruderschaft. Die älteste der Stadt, zu Ehren des heil. Bischofs und Ihm zu Ehren, erhob sich bald nach seiner Heiligsprechung im Süden der Stadt Hildesheim eine Benediktiner-Abtei mit herrlicher byzantinischer Kirche, die mit der Bernward'schen Michaelskirche im Norden die genannte Stadt einschließt, wie zum schönen sinnlichen Ausdruck dafür, daß die beiden heil. Bischöfe der Stadt und des Stiftes Hauptpatrone sind. Nach Ebeling (»Die deutschen Bischöfe« I. 497) führte die Stadt Hildesheim lange Zeit sein Bildnis im großen, später noch im kleinen Siegel. Aber auch in Bayern wurde der hl. Godehard nicht vergessen. Die Klöster Oberaltaich und Metten feierten sein Fest. Niederaltaich selbst erwählte ihn zu seinem besonderen Schutzpatron und erbaute ihm zu Ehren eine sehr schöne Kirche, die aber bei der Klosteraufhebung niedergerissen wurde, während nun seine Reliquien auf einem Seiten-Altare der Klosterkirche zu sehen sind, nämlich sein elfenbeinener Abtstab mit dem Velum, ein Cingulum, welches die hl. Kaiserin Kunigunde ihm gewirkt haben soll, ein weißes Meßgewand in Glockenform und Sandalen, welche er bei Pontificalämtern gebrauchte. Sein Kinnbein wird an hohen Festtagen auf diesen Altar gestellt etc.
Am Vorabend vor dem 5. Mai kamen früher die Benediktiner von Niederaltaich nach Reichersdorf und feierten da die Vesper; am Feste selbst wurde allezeit die Familie, welche auf seinem Geburtshause war, im Kloster ausgespeist. Nach weiterer Mitteilung besteht ja diesem Bauernhofe, auf welchem seit vielen Jahren fast immer ein »Godehard« ist, noch zur Stunde das Kämmerlein, vulgo »Gotthart-Stübl« genannt, in welchem, wie man glaubt der hl. Godehard geboren wurde. In diesem Dorfe befindet sich auch seit undenklichen Zeiten eine Kapelle, welche in den Jahren 1851 bis 1852 ganz neu hergestellt wurde, und in welcher jährlich zweimal (am 5. Mai und 16. Juni) die heil. Messe gelesen wird. In der Kapelle selbst ist ein Brunnen mit dem besten Wasser, welcher vom hl. Godehard gegraben worden sein soll.
(Quelle: nach Vollständiges Heiligen-Lexikon von J.E. Stadler, F.J.Heim und J.N. Ginal, Augsburg 1858-1882, digitalisiert und mit freundlicher Genehmigung von Digitale Bibliothek, Verlag Directmedia Publisching GmbH, CD DB 106, http://www.zeno.org, von FJM überarbeitete Fassung)